Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.07.2025
Worum ging es?
Im Januar 2016 schloss der Erblasser mit seinem Hausarzt und mit der ihn pflegenden Beklagten sowie deren Tochter einen „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“ notariell ab. In diesem Vertrag wurde der Hausarzt dazu verpflichtet, verschiedenste ärztliche Leistungen zu erbringen (z.B. medizinische Beratung und Behandlung, Hausbesuche, telefonische Erreichbarkeit, Betreuungsleistungen im häuslichen Bereich). Im Gegenzug soll der Arzt bei Versterben des Erblassers das Eigentum an einem Grundstück erhalten. In einem notariellen Testament verfügte der Erblasser darüber hinaus, dass das im o.g. Vertrag nicht genannte Vermögen allein die pflegende Beklagte erben soll.
Als der Erblasser im Januar 2018 verstarb, nahm die Beklagte den Nachlass vollständig in Besitz. Im Dezember 2019 wurde allerdings über das Vermögen des Hausarztes ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter klagte nun auf Übertragung des dem Arzt zugewandten Grundstücks an die Insolvenzmasse.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auch die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Der Kläger kann laut Oberlandesgericht (OLG) aus dem Vermächtnis keinen Anspruch gem. § 2174 BGB herleiten, da eine Unwirksamkeit nach den §§ 134, 2171 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot –§ 32 Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung der örtlich zuständigen Ärztekammer Westfalen-Lippe (BO-Ä) – vorliegt. Der Hausarzt hat sich mit dem Grundstück von einem Patienten nämlich einen Vorteil versprechen lassen.
Der Kläger verfolgt sein Klagebegehren anschließend weiter mit einer vom IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zugelassenen Revision.
Wie hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden?
Der BGH sah an dieser Stelle keinen Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 BO-Ä, da diese Norm lediglich darauf abzielt, die Unabhängigkeit des behandelnden Arztes sowie das Ansehen und die Integrität der Ärzteschaft zu sichern. Dies wird allerdings durch berufsrechtliche Sanktionen von Seiten der Ärztekammer ausreichend sichergestellt. Die Vorschrift verbietet außerdem nur ein Verhalten des Arztes, Geschenke oder andere Vorteile zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen. Nicht geschützt von diesem Verbot wird hingegen der zuwendende Patient oder die Erwartung seiner Angehörigen, diesen zu beerben.
Auch die in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Testierfreiheit des Patienten verbietet eine Unwirksamkeit des Vermächtnisses wegen Verstoßes gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 BO-Ä. Für eine Beschränkung der Testierfreiheit des Patienten fehlt es außerdem an einer gesetzlichen Grundlage.
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat somit entschieden, dass eine Zuwendung von Todes wegen zugunsten des Hausarztes zumindest nicht wegen eines Verstoßes gegen ein berufsständisches Zuwendungsverbot unwirksam ist.




