Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 03.04.2025
Worum ging es?
Ein Apotheker stellt in seiner Apotheke Krebsmedikamente her. Ein US-amerikanisches Pharmaunternehmen führt derzeit – u.a. in Deutschland – klinische Prüfungen in Phase III und Phase I für Krebsmedikamente mit identischen Wirkstoffen durch. Daraufhin behauptete ein qualifizierter Wirtschaftsverband, dass der Apotheker sog. Nachbauten des US-amerikanischen Unternehmens vertreibt. Der Apotheker entgegnete daraufhin, dass es sich dabei um einen eigenen, verbesserten Syntheseweg handelt. Der Wirtschaftsverband nahm daraufhin den Apotheker auf Unterlassung der Herstellung und des Vertriebs von nicht zugelassenen Arzneimitteln zur Behandlung einer seltenen – insbesondere bei Kindern auftretenden – tödlichen Tumorerkrankung in Anspruch.
Wie hat das Gericht entschieden?
Das Gericht war der Meinung, dass im Rahmen einer Interessenabwägung vorliegend das Interesse des individuell betroffenen Patienten überwiegt. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die laufenden klinischen Studien durch das Verhalten des Apothekers gefährdet werden. Des Weiteren steht das Interesse der Verbraucher an der Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsver-fahrens und dem damit verbundenen Schutzgedanken dem Interesse eines sehr kleinen Verbraucherkreises mit einer seltenen Krebsart mit einer medianen Überlebensrate von zehn Monaten gegenüber. Vorliegend verblasst jedoch das Risiko von Beeinträchtigungen und Tod durch Nebenwirkungen angesichts des sicheren Todes durch die Krebserkrankung ohne alternative Heilungsmöglichkeit. Das Arzneimittel verspricht hingegen zumindest eine nicht ganz fernliegende Heilungschance oder jedenfalls Stabilisierung. Es konnte außerdem glaubhaft gemacht werden, dass nur solche Patienten mit dem Arzneimittel versorgt werden, denen keine andere Behandlungsmöglichkeit mehr zur Verfügung steht.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat daher einen auf Unterlassen des Vertriebs und der Herstellung gerichteten Antrag zurückgewiesen.