Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.07.2025
Worum ging es in dem Fall?
Ein in den Niederlanden ansässiges Pharmaunternehmen reimportierte in den Jahren 2012 und 2013 verschreibungspflichtige Medikamente, die ihm von deutschen Pharmagroßhändlern geliefert wurden. Nach Einreichung einer ärztlichen Verschreibung wurden die Medikamente per Post an in Deutschland ansässige Patienten abgegeben. Das Pharmaunternehmen warb außerdem mit einem Bonus in Höhe von 3 € pro Medikament und insgesamt 9 € pro Rezept. Darüber hinaus wurde bei der Einlösung eines Rezepts eine Prämie in einer Höhe von bis zu 9 € gezahlt, wenn der Patient sich bereit erklärte, durch Ausfüllen eines Formulars oder durch Beantwortung von Fragen im Rahmen eines Telefonats einen Arzneimittel-Check zu absolvieren.
Der Kläger – ein Verband, der berufsständische Interessen der in Bayern ansässigen Apotheker vertritt – war der Auffassung, dass die Gewährung von derartigen Boni gegen die Arzneimittelpreisbindung verstößt und damit wettbewerbswidrig ist. Er nimmt deshalb das besagte Pharmaunternehmen auf Unterlassung sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
Das Landgericht (LG) gab dem Kläger Recht. Die darauf folgende Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht (OLG) war nämlich – wie das LG – der Meinung, dass die gewährten Boni als unmittelbarer Preisnachlass auf den eigentlichen Apothekenabgabepreis gegen § 78 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 Arzneimittelgesetz (AMG) in der bis zum 14. Dezember 2020 geltenden Fassung und § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) verstoßen. Außerdem leiteten die Richter hieraus einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG aF sowie § 3 a UWG ab.
Das Berufungsgericht lies im weiteren Verlauf die Revision zu, mit welcher das Pharmaunternehmen weiterhin die Abweisung der Klage verfolgte.
Wie hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden?
Der BGH vertrat im Rahmen der Revision die Meinung, dass die früheren Regelungen zur Arzneimittelpreisbindung wegen Verstoßes gegen die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34, 36 AEUV) unionsrechtswidrig sind. Die in § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG aF vorgesehene Arzneimittelpreisbindung ist deshalb gegenüber Versandapotheken, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig sind, überhaupt nicht anwendbar. Somit kann hieraus auch kein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG aF sowie gegen § 3 a UWG abgeleitet werden. Die erfolgte Gewährung von Bonusprämien bei der Ausgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke kann daher laut BGH nicht als unlauter verboten werden.




